Wenn Finanzmarktakteur*innen wie Vermögensverwalter*innen, Banken oder Staaten, Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Entscheidungen berücksichtigen, spricht man von sustainable finance, also nachhaltigen Finanzen. Eine erfolgreiche Wirtschaft braucht ein nachhaltiges und damit zukunftsfähiges Finanzsystem. Aktuell ist es Herausforderung und Chance zugleich, ein Wirtschaftssystem zu errichten, das mit dem 1,5‑Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens kompatibel und mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen im Einklang ist. Unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit unser Wohlstand lassen sich nur sichern, wenn wir die wirtschaftliche Transformation finanzieren, die uns morgen eine gute Weltmarktposition verspricht.
Finanzwirtschaft hat Schlüsselrolle bei wirtschaftlicher Transformation
Massive Investitionen sind nötig, um Produktionsweisen und Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen und von den Chancen nachhaltiger Entwicklung zu profitieren. Der Finanzwirtschaft kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Sie muss die nötigen Mittel für die große Transformation mobilisieren. Sustainable Finance zielt darauf ab, alle Marktkräfte zu aktivieren, um vorhandene Gelder umzuschichten – bei einem zugleich belastbaren Risikomanagement. Das heutige Finanzsystem in Brandenburg wird diesem Anspruch nur unzureichend gerecht.
EU entwickelt einheitliche Nachhaltigkeitskriterien
Derzeit gewinnt der Begriff Nachhaltigkeit im Finanzwesen des Landes Brandenburg über institutionelle Investoren, wie dem Versorgungsfonds oder der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) an Bedeutung. Im Jahr 2020 wurden bereits 46,5 Prozent des Versorgungsfonds nachhaltig angelegt. Damit Nachhaltigkeitskriterien im Finanzsystem systematisch berücksichtigt werden können, bedarf es neben solchen Leuchtturmprojekten jedoch auch Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen. Bisher lag es im Ermessen der Anbieterinnen und Anbieter, entsprechende Anlageprodukte als nachhaltige zu klassifizieren, nun schafft die EU Abhilfe.
Mit ihrem Taxonomie-Vorstoß hat die EU jetzt einheitliche Kriterien für nachhaltige Finanzanlagen implementiert. Anlegerinnen und Anleger werden so in die Lage versetzt, ihre Investitionen verlässlich und ohne ein sogenanntes „Greenwashing“ auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen.
Öffentliche Finanzpolitik und Nachhaltigkeitskriterien
Öffentliche Finanz- und Haushaltspolitik beeinflusst das Verhalten und die Entscheidungen von Finanzmarktakteurinnen und ‑akteuren. Öffentliche Ausgaben, Steuern, Abgaben und Subventionen wirken auf private Investitionen und damit auch auf das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele ein, indem sie Unternehmen klare Orientierungspunkte für Investitionsentscheidungen geben. Die Ausweitung der nachhaltigen Finanzanlagen im Land Brandenburg ist dringend geboten, da sich das Thema Nachhaltigkeit zunehmend zu einem zentralen Anlagekriterium und Anliegen an den Finanzmärkten entwickelt. Damit ein Investment gemäß der EU-Taxonomie Verordnung als geeignet gilt, muss nachgewiesen werden, dass es einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs Umweltziele (Klima-schutz, Klimaanpassung, Nachhaltige Ressourcennutzung, Kreislaufwirt-schaft/Abfallvermeidung/Recycling, Vermeidung/Verminderung von Umweltverschmutzung, Schutz der Ökoysysteme) leistet, ohne nachteilige Auswirkungen auf eines der anderen fünf Ziele zu haben.
Kapitalströme des Landes sollten bewusst an die Unternehmen und Staaten gelenkt werden, für die ein fairer Umgang mit Mensch und Natur selbstverständlich ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass volkswirtschaftliche Kosten nicht-nachhaltiger Anlagen, wie zum Beispiel Umweltschäden, sinken. Derartige Kosten müssten insbesondere kommende Generationen tragen, sie sind unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit also nicht vertretbar. Dafür spricht auch, dass Investorinnen und Investoren zunehmend CO2-Risiken bilanzieren und so die Nachhaltigkeit von Finanzanlagen in ihre Rendite-Risiko-Analysen mit einbeziehen. Langfristig ist auch ein positiver Ertrag einer nachhaltigen Finanzanlagestrategie zu erwarten, was dem Land Brandenburg zu Gute kommt. Es gibt viele Hinweise darauf, dass nachhaltig angelegte Gelder schon heute bessere Renditen erwirtschaften. Das trifft beispielsweise auch auf den von Berlin aufgelegten Nachhaltigkeitsindex BENEXX zu.
Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen legen die Mittel ihrer Pensionsfonds nach miteinander abgestimmten nachhaltigen Kriterien an. Gemeinsam haben sie einen Anbieter mit der Entwicklung von zwei nachhaltigen Aktienindizes in und außerhalb der Eurozone beauftragt. Das Pensionsvermögen der vier Länder wird überwiegend von der Deutschen Bundesbank passiv verwaltet. Die Aktienportfolios haben derzeit ein Gesamtvolumen von rund 3,6 Milliarden Euro.
Was unternimmt Brandenburg bereits?
In Brandenburg konnte der Anteil der nachhaltigen Anlagen im Jahr 2020 gegenüber dem Jahresende 2019 um rd. 52,1 Mio. Euro auf rd. 328,5 Mio. Euro gesteigert werden. Dies entspricht rd. 46,5 Prozent des Sondervermögens Versorgungsfonds. Der Blick in andere Bundesländer zeigt, dass dieser Anteil auf 100 Prozent gesteigert werden kann.
Auch die landeseigene Förderbank ILB unternimmt bereits einige Aktivitäten im Bereich der nachhaltigen Geldanlage. Die ILB berücksichtigt bei Kreditentscheidungen im ILB-Fördergeschäft sowie im Risikomanagement die ESG-Kriterien (economic, social und governance). Zudem erstellt die Bank gerade eine Übersicht der Nachhaltigkeitsziele der UN, um transparent zu machen, wie das ILB-Fördergeschäft dazu beiträgt, die Ziele im Land Brandenburg zu unterstützen. Weiterhin erarbeitet die Bank eine Ausschlussliste für die Finanzierungsentscheidungen des eigenen ILB-Fördergeschäfts und des Bereichs Treasury gelten. 2020 emittierte die ILB einen Social Bond. Die ILB schuf damit als dritte deutsche Förderbank die Möglichkeit für nachhaltig orientierte Investoren, sich an der Finanzierung von sozialen Projekten zu beteiligen. Die Emission diente der Refinanzierung von Projekten im Mietwohnungsbau und in der Bildungsinfrastruktur.
Das geht uns jedoch nicht weit genug. Was wir fordern? Mehr dazu in den nächsten Wochen.