Meine Rede im Plenum am 16. Dezember 2021 zum Antrag der Fraktion die Linke „Neuer Anlauf für ein konsequentes Nachtflugverbot am Flughafen BER“
Quelle: rbb
Der komplette Redetext:
- Es gilt das gesprochene Wort!
Nachdem sich in Brandenburg vor acht Jahren 103.000 Menschen in einem erfolgreichen Volksbegehren für ein Flugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ausgesprochen haben, hatte der Landtag die Forderungen übernommen. Brandenburgs Regierung konnte sich damit aber bisher bei den beiden Mitgesellschaftern, Land Berlin und dem Bund nicht durchsetzen. Das ist aber nötig, weil die rechtlichen Mittel erschöpft sind. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die derzeit gültige Nachtflugregelung am 13. Oktober 2011 bestätigt und damit endgültige Rechtssicherheit geschaffen. Das Urteil hat damit bestätigt, dass in dem Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss von 2009 die unterschiedlichen Belange und Argumente schon intensiv und sorgfältig abgewogen wurden.
Das heißt, in den ersten beiden Betriebsmonaten durften in der sogenannten Kernzeit zwischen Mitternacht und fünf Uhr früh fast 100 Maschinen starten oder landen. Laut der Nachtflugregelung am BER darf von morgens 5.30 bis abends 23.30 Uhr ganz regulär geflogen werden. In den halben Stunden davor und danach sind nur verfrühte oder verspätete Flüge zulässig. Ausgenommen vom Nachtflugverbot sind Post‑, Ambulanz‑, Regierungs- und Polizeiflüge sowie Überführungen.
Im fraglichen Zeitraum waren das unter anderem 80 Postflüge, drei Überführungen, vier Ambulanzflüge und einen Regierungsflug. In der gesamten Nachtzeit zwischen 22 bis 6 Uhr – also in jenen Stunden, für die die Anwohner der dicht besiedelten Einflugschneisen seit vielen Jahren vergeblich ein striktes Flugverbot fordern – waren es laut einer FBB – Statistik bis zum Jahreswechsel 2020⁄21 sogar 622 Flugbewegungen, also etwa zehn pro Nacht. Dass das nicht im Sinne des Landtagsbeschlusses zur Annahme der Volksinitiative ist, liegt auf der Hand. Daher bittet auch die Kenia-Koalition die Landesregierung mit ihrem Entschließungsantrag, sich beim Land Berlin und dem Bund weiter dafür einzusetzen, dass die Betriebszeiten für planmäßige Flüge deutlich verkürzt werden.
Mir stellt sich aber auch die Frage, warum diese Nacht-Flüge jetzt, angesichts des coronabedingt drastisch gesunkenen Passagieraufkommens, nicht auch tagsüber stattfinden können. Nein, das ginge nicht, sagt die FBB. Wegen der Umlaufpläne für die Maschinen sei eine Verlegung von Flügen schon wegen der Verfügbarkeit des Flugzeuges nicht möglich, sagt die FBB. Außerdem fände ein Flug genau zu der geplanten Zeit statt, weil es dafür eine Nachfrage gäbe. Die an den Tagesrandzeiten koordinierten Frachtflüge seien wegen der sehr kurz getakteten Lieferketten zwingend notwendig und die Grundlage beispielsweise für das Online-Geschäft. Das mag im Sinne der Kunden so sein, aber im Sinne der Anlieger rund um den Flughafen ist das sicherlich nicht. Ein Kompromiss zwischen dem wirtschaftlich gewollten und dem gesundheitlich erforderlichen, scheint mir hier dringend geboten. Immerhin gibt die Flughafengesellschaft auch zu, dass sie sich bisher gar nicht bemüht hat, mehr Verkehr tagsüber abzuwickeln, das berichtete zumindest der Tagesspiegel. Da geht also noch was.
Dass Fluglärm krankmacht, ist bekannt. Aber nächtlicher Fluglärm macht kränker. Das sind jedenfalls die zentralen Ergebnisse einer Untersuchung der Universität Mainz. Danach ist die gestörte Schlafqualität besonders schädlich für die Blutgefäße und das Gehirn. Weiterhin wurde festgestellt, dass Fluglärm eine deutliche Erhöhung der Stresshormone, eine Gefäßfunktionsstörung, erhöhten oxidativen Stress und Entzündungsprozesse in den Gefäßen sowie eine deutliche Änderung der Expression von Genen in der Gefäßwand nach sich zieht.
Aufgrund des technologischen Fortschritts bei Triebwerken und Aerodynamik sowie neuer Anflugverfahren werden die Flugzeuge aber auch immer leiser. So liegt der Geräuschpegel der jüngsten Modelle Airbus A350 und Boeing 787 rund 80 Prozent unter dem der ersten Düsenmaschinen des Jet-Zeitalters. Und die Hersteller der weltweit am häufigsten betriebenen Flugzeugfamilien Airbus A320 und Boeing 737 bringen gerade eine neue Generation auf den Markt, deren sogenannter Lärmteppich gegenüber den jüngsten Modellen noch einmal um bis zu 50 Prozent kleiner ist.
Bei Rolls Royce in Dahlewitz tüfteln derzeit rund 100 Ingenieure am Triebwerk der Zukunft. Rolls-Royce verspricht mit dem Ultrafan noch weniger Lärm und Verbrauch. Geplant ist der größte Entwicklungsschritt seit der breiten Einführung von Mantelstromtriebwerken Mitte der Achtzigerjahre. Das neue Rolls-Royce Triebwerk soll einsatzfähig sein, wenn die Passagierzahlen des BER wieder das Vor-corona-Niveau erreicht haben werden. Bis dahin können die bisherigen Nachtflüge doch ruhig am Tage stattfinden.
Anrede
Da ist also Licht am Ende des Tunnels. Wir können den Flughafen mit seinen Anwohnern und den Anforderungen des modernen Klimaschutzes wenigsten teilweise versöhnen. Die Kenia-koalition ist angetreten, dieses Land zu erneuern und daher brauchen wir jetzt auch einen wirksamen Schritt hin zu mehr Nachtruhe am BER.